Grusswort des Gemeindeammanns von Koblenz
Grusswort des Gemeindeammanns von Koblenz
Liebe Leserin, lieber Leser
Wäre Kolumban mit seinen Gefährten in der heutigen Zeit von Westen her im Vier-Brückendorf Koblenz angekommen, hätte er ein Leichtes gehabt, die Aare zu überqueren. Kolumban hätte sich wohl sofort am Aare-Rhein-Spitz für die Nacht niedergelassen und den Sonnenuntergang genossen, bevor er anderntags Richtung Baden weitergewandert wäre, vorbei an wunderschönen Natur- und Vogelschutzschutzgebieten entlang der Aare.
Koblenz begrüsst die Reisenden heute von Westen und Norden her mit je einer Zugs- und Autobrücke. Nachweislich wurde die erste Koblenzer Brücke erst 1859 nach Waldshut gebaut – die erste internationale Schienenverbindung zwischen der Schweiz und Deutschland überhaupt. Bis zu diesem Zeitpunkt war Koblenz ein Ort der Fähr- und Schifffahrt. Der Auto-Fährbetrieb nach Deutschland wurde sogar erst 1932 aufgegeben – mit dem gleichzeitigen Bau der ersten Strassenbrücke von Koblenz. Die stattlichen Eisenbahnbrücken über Aare und Rhein prägen das Dorfbild und sind ein Blickfang und der Stolz von uns Koblenzern und vor allem die Eisenbahnbrücke nach Waldshut mit ihrem mächtigen Viadukt wirkt Stadtmauergleich im Herzen der Gemeinde.
Koblenz war früher und ist heute vom überregionalen Güter-Verkehr geprägt. Jahrhundertelang durch die «Stüdler» der Koblenzer Schiffergenossenschaft, heute doch eher dem täglichen Grenzverkehr ausgeliefert. Die «Stüdler» profitierten damals von einem eigentlichen Transport-Monopol für einen Grossteil der Waren, welche auf der Zurzacher Messe gehandelt wurden. Güter von und nach Basel oder Bern wurden über den wild schäumenden Koblenzer Laufen heruntergeschifft oder andersrum von dort kommend an den Stauden («Stüdler») dem Ufer entlang hochgezogen. Salztransporte aus dem fernen Österreich wurden ebenso begleitet und für den Weitertransport im Koblenzer Salzhaus eingelagert. Das Salzhaus notabene, welches später dem Zeitgeschehen folgend dem Eisenbahnviadukt zu weichen hatte. Die aus der Zeit der «Stüdler» wilde und mutige Entschlossenheit kann man wohl auch heute noch bei den Koblenzer Geschlechtern festmachen.
Nur wenige Aargauer Gemeinden haben einen Namen römischen Ursprungs. Nachweislich weiss man durch Grabungen von einer Römer Villa auf den Anhöhen von Koblenz – scheints bis in 4. Jahrhundert bewohnt. Drei Wachttürme waren auf dem Bann von Koblenz zum Schutz der nördlichen römischen Grenze gebaut – einer davon kann in seiner Pracht noch bewundert werden. Wirklich verbürgt ist der Name Koblenz aber erst 1010 im Zurzacher Mirakelbuch. Kommt der Name nun tatsächlich von der frühchristlichen römischen Macht oder waren es Reisende wie diese irischen Mönche, die vielleicht sogar Namensgeber waren? Im Raum Koblenz um 610 n.Chr. ankommend, ist wohl gut möglich, dass Kolumban und seine Gefährten von den Vorfahren der Koblenzer Schiffer den Rhein entlang hochgefahren und an der Aaremündung vorbeigeschifft wurden. Und vielleicht waren die Gefährten um Kolumban so beeindruckt von diesem Zusammenfluss, dass sie den Spickel *Confluencia* nannten – und wie immer bestrebt, alles zu verewigen, in ihren Reiseberichten festgehalten haben. Beeindruckt darf man sein. Immerhin fliessen hier die beiden mächtigsten Flüsse der Schweiz zusammen – wobei die Aare dabei schon den längeren Weg, mehr Seen durchquert und tatsächlich auch mehr Wasser mit sich führt als der Rhein bis hier hin für sich beanspruchen kann.
Nun heute wissen wir mit Bestimmtheit, dass Koblenz im hohen Mittelalter noch im Besitz der Freiherren von Klingnau lag und dieser dann aber ans Bistum Konstanz überging, um nochmals um 1415 unter die eidgenössische Oberhoheit und die Gerichtsbarkeit des Landvogts von Baden zu fallen. Ein Zehntenhaus und ein paar wenige weitere stattliche Bauten zeugen im Dorfkern von früheren Zeiten. Der überregionale Güterverkehr zieht sich durch die Geschichte von Koblenz. Die Wirkung des Eisenbahnkreuzes Koblenz für die Strecken Winterthur-Stein und Baden-Waldshut, gebaut zwischen den Jahren 1859 und 1892, verblasste allerdings bis in die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts immer mehr und wurde schlussendlich abgelöst durch den immer stärker werdenden Fluss der Strassentransporte. Heute gehört der Koblenzer Grenzübergang zu den schweizweit umsatzstärksten Grenzübergängen – ein zweifelhafter Erfolg, der aber, wie die Geschichte in Koblenz weiss, durchaus von beschränkter Dauer sein kann.
Die Überbleibsel aus den Eisenbahner-Anfängen in der Schweiz werden heute wunderbar genutzt durch den Verein DSF Koblenz. Die geschichtsträchtige Lokremise ist heute Reparaturwerkstatt, Eventhaus und Durchführungsort international geachteter Dampfloktreffen und regelmässig starten hier dampflokbetriebene Zugskompositionen zu einer gemütlichen Rundfahrt durch Aargauer Talschaften.
Heute würden sich Kolumban und seine Mannen bei diesem emsigen Treiben an Rhein und Aare entlang wohl eher in die ruhigen, von Geheimnissen umrankten grossen Eichenwaldreservate am Achen- und Laubberg zurückziehen, um diese stille Mächtigkeit der grünen Riesen auf sich einwirken zu lassen. Oder aber einen anderen Weg als über Baden gen Osten nehmen, nämlich tatsächlich dem Rhein entlang, und beim Vorbeigehen auf die wilden Wasser des Koblenzer Laufens hinunterschauen können. Natürlich nicht ohne vorher in einem der Koblenzer Restaurants Speis und Trank zu geniessen und vielleicht mit einem Nachkommen von einem «Stüdler» ins Diskutieren zu kommen.
Ich sage Kolumban, seinen Gefährten und vor allem auch Ihnen: Herzlich Willkommen, oder besser noch «Confluencia mitenand».
Ihr
Andreas Wanzenried, Gemeindeammann Koblenz